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Haushaltsrede Doppel­haushalt 2023/2024

Haushaltsrede Doppel­haushalt 2023/2024

Die Heidel­berger, Larissa Winter-Horn (Frakti­ons­vor­sit­zende)

Sehr geehrter Herr Oberbür­ger­meister,

sehr geehrte Dame und Herren Bürger­meister,

liebe Kolle­ginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen & Herren,

Zuallererst möchte ich mich bei allen bedanken, die zum Entstehen dieses Haushalts­ent­wurfs beigetragen haben. Bei der Ausein­an­der­setzung damit erhalten wir immer wieder einen sehr guten Überblick zu den vielfäl­tigen Angeboten wie auch Heraus­for­de­rungen unserer Verwaltung.

In den Grund­zügen sind wir mit dem Haushalt nicht unzufrieden.

Mit der hohen Neuver­schuldung sind wir jedoch nicht glücklich. Wir halten nach wie vor den Leitantrag, diese auf 20 Mio. € zu begrenzen, für wichtig und richtig. Aber aktuell nicht in dringend notwen­diges Personal, zukunfts­wei­sende Projekte und in den Erhalt der städti­schen Gebäude zu inves­tieren, halten wir in der Abwägung für falsch.

Doch wir können nicht Jahr für Jahr mehr Schulden anhäufen. Das müssen wir als Stadt­rä­tinnen und Stadträte verin­ner­lichen und auch nach außen kommu­ni­zieren. Kurz vor den Haushalts­be­ra­tungen noch einmal überall Begehr­lich­keiten zu wecken, halten wir für unredlich.

Der Handlungs­spielraum der nachfol­genden Genera­tionen darf durch stetig schul­den­fi­nan­zierte Ausgaben nicht über die Maße einge­schränkt werden. Und auch wir wollen uns unseren Handlungs­spielraum bewahren. Der ginge verloren, wenn aufgrund des zu hohen Schul­den­standes künftig das Regie­rungs­prä­sidium die Entschei­dungen fällt. „Ermahnt“ wurden wir bereits.

Wenn wir also in gewohnt hohem Maße inves­tieren wollen, müssen wir nicht nur die Verteilung der Ausgaben, sondern auch die Einnahmen im Blick behalten: Dazu gehört es, neue Einnahmen zu generieren, aber auch die heutigen Einnah­me­quellen wertzu­schätzen und zu entwi­ckeln. Unsere größte Einnah­me­quelle ist die Gewer­be­steuer, die in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist und auch weiter steigen soll, um unseren hohen Standard zu finan­zieren. Deshalb ist es umso wichtiger, das lokale Gewerbe zu unter­stützen, statt ihm das Leben zu erschweren. Und wir hinter­fragen, ob wir weiter Flächen, die für das Gewerbe ausge­wiesen sind, umwidmen sollten.

Wir fragen uns auch, wie realis­tisch sind die geplanten Inves­ti­tionen und der damit verbundene Schul­den­an­stieg? Zumindest die letzten vier Haushalts­jahre haben gezeigt, dass weder die geplanten Inves­ti­tionen umgesetzt wurden noch die prognos­ti­zierte Neuver­schuldung erreicht wurde.

Im Ergebnis weniger oder keine Schulden sind ja prinzi­piell gut. Aber ist die aktuelle Heran­ge­hens­weise an das Inves­ti­ti­ons­vo­lumen so zielführend? Für uns ist es eher enttäu­schend, dass zu viele Projekte nicht umgesetzt werden können. Auch bei den Bürge­rinnen und Bürgern kommt das negativ an. Dabei scheitert es offenbar nicht am Geld, sondern am Prozess.

Unser Stichwort bei den letzten Haushalts­be­ra­tungen war stärkere Priori­sierung. Daran wurde seitens der Verwaltung gearbeitet. Die Priori­täten sind eigentlich klar. Jetzt muss schneller umgesetzt werden!

Ein Teil der Lösung ist für uns: Wir müssen die Verwaltung „fit for future“ machen

Das fängt an bei einer auskömm­lichen Perso­nal­aus­stattung: Die geplanten 220 neuen Stellen sind wichtig und richtig, denn wir sind eine wachsende Stadt und haben uns einen hohen Standard erarbeitet. Aber zur Haushalts­ehr­lichkeit gehört auch: Die Stellen müssen besetzt werden und das Personal muss einge­ar­beitet werden. Und schließlich müssen die Stellen auch finan­ziert werden.

Wir müssen im Blick behalten, dass sich die Anzahl des Personals an den Aufgaben orien­tiert. Das hat etwas mit Fürsorge zu tun: Diese Verant­wortung haben wir für die städti­schen Mitar­bei­tenden.

Der zweite Punkt ist die angemessene Bezahlung: gute Arbeit muss gut bezahlt werden. Und besonders gute Arbeit sollte auch besonders honoriert werden.

Aber auch Zusatz­leis­tungen sorgen für engagierte & motivierte Beschäf­tigte:

• Angefangen bei den bereits bestehenden Angeboten im Bereich Sport, Gesundheit und Wohlfühlen

• Über Unter­stützung bei der Mobilität mit einem vorbildlich günstigen Jobticket, E‑Bikes, aber auch Parkplätzen. Der Bedarf an Parkplätzen ist nach wie vor groß und wird künftig weiter steigen – erst recht bei 220 neuen Mitar­bei­tenden. Wir schlagen deshalb ein Parkplatz­ma­nage­ment­system vor.

• Wir fordern darüber hinaus, dass das geplante 2. Ausbil­dungshaus auch für städtische Auszu­bil­dende zu Verfügung steht.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind moderne Arbeits­weisen und Arbeits­plätze.

Hier wurde in den letzten Jahren viel auf den Weg gebracht: Die Dienst­ver­ein­barung zu mobil-flexiblem Arbeiten erleichtert die Verein­barkeit von Familie und Beruf, ist ein wichtiges Kriterium für heutige Bewer­be­rinnen und Bewerber und ist die Lösung, um mit mangelndem Platz bei steigender Mitar­bei­terzahl umzugehen. Die aktuelle Evalu­ierung bringt hier sicherlich noch Verbes­se­rungen, gerade beim Leerstands­ma­nagement sehen wir z. B. noch Optimie­rungs­bedarf.

Agiles Perso­nal­ma­nagement ist ein häufig genutztes Schlagwort. Auch die Verwaltung hat sich hier auf den Weg gemacht. Wir wünschen uns hier noch mehr Unter­stützung für die Mitar­bei­tenden: Sei es durch ein klares Commitment der Vorge­setzten oder durch Anreize für die Teilneh­menden.

Mit am wichtigsten ist für uns aber ein „neues“ Mindset.

Die Mitar­bei­tenden sind Botschafter für unsere Stadt. Wir erwarten von ihnen ein lösungs­ori­en­tiertes Arbeiten für die Bürge­rinnen und Bürger wie auch für Unter­nehmen. Stichwort Ermög­li­chungs­kultur: Der Ansatz muss sein, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, statt damit zu beginnen, was aus welchem Grund nicht möglich ist. Was ist dafür nötig: 1. Die Mitar­bei­tenden müssen dafür geschult werden, 2. aber auch einfach eine bessere Perso­nal­aus­stattung und 3. Anerkennung und ggf. auch Prämien als Anreiz bzw. als Danke­schön.

Wir meinen damit aber auch ein neues Mitein­ander in der Verwaltung: Damit sind nicht nur die gemein­schaft­lichen Freizeit­ak­ti­vi­täten gemeint, die es ja gibt, sondern die bessere Verzahnung der Ämter: Schon die Dezer­nenten und Amtsleiter müssen vorbildlich zusam­men­ar­beiten. Wenn dies als selbst­ver­ständlich weiter­ge­geben wird, funktio­niert es bei den Mitar­beitern von allein, und wird zur Lösung vieler Probleme beitragen – worauf ich später noch eingehen werde.

Nun zu den uns wichtigen Punkten, die im Haushalt stärker berück­sichtigt werden sollten

Flächen strate­gisch und nachhaltig nutzen

Das Wachstum unserer Stadt ist begrenzt, zumindest wenn wir die vorhandene Lebens­qua­lität mit grünem Gürtel nicht aufgeben wollen. Abgesehen von den Konver­si­ons­flächen und vereinzelt im Flächen­nut­zungsplan ausge­wie­senen Stellen werden künftig keine neuen Flächen mehr erschlossen.

Wenn sich die Stadt dennoch entwi­ckeln soll, wir zusätz­lichen Wohnraum zur Verfügung stellen wollen und Unter­nehmen ermög­lichen wollen, sich in Heidelberg anzusiedeln oder zu erweitern, ist ein besonders voraus­schau­ender Umgang mit den zur Verfügung stehenden Flächen erfor­derlich.

Die Planungen zum Inter­kom­mu­nalen Gewer­be­gebiet Heidelberg-Leimen sind ein Best-Practise-Beispiel für das Upcycling von Gewer­be­flächen. In den nächsten Jahren werden voraus­sichtlich einige Indus­trie­zweige wegfallen. Darin besteht auch die Chance, neue Unter­nehmen in Heidelberg anzusiedeln. Darauf sollte noch stärker Einfluss genommen werden. Wir fordern deshalb ein gewerb­liches Flächen­ma­nagement und eine proaktive Heran­ge­hens­weise. Das kann nur mit einer besseren Verzahnung der Ämter Liegen­schaften und Wirtschafts­för­derung funktio­nieren. Auch die Verzahnung mit der Region sollte weiter ausgebaut werden. Das inter­kom­munale Gewer­be­gebiet ist ein Erfolgs­modell, an dem wir weiter anknüpfen sollten. Hierfür kann sogar ein Förder­pro­gramm des Landes Baden-Württemberg genutzt werden.

Genauso durch­dacht müssen wir mit Flächen für Wohnraum umgehen. Ein folge­rich­tiger Ansatz ist die Umsetzung des Themen­feldes „Neue Wohnformen“ als ein Aufga­ben­schwer­punkt des neu einge­rich­teten Referats für Finanzen, Wohnen, Liegen­schaften und Konversion.

Unser zusätz­liches Ziel ist die Mehrfach­nutzung von Flächen: Garagen­dächer, Discounter-Märkte, Büro- und Verwal­tungs­ge­bäude oder Parkhäuser könnten mit der Funktion Wohnen oder auch Anderem aufge­stockt werden. Eine bereits bebaute Fläche kann so ein zweites Mal genutzt werden und es müssen keine neuen Flächen dafür versiegelt werden.

Eine zusätz­liche Möglichkeit, Wohnraum zu generieren, könnte es sein, Eigen­tümer aktiv zu unter­stützen, Wohnflächen zu teilen, wenn sich der Bedarf verändert hat. Mit einer kleineren Wohneinheit haben die Eigen­tümer weniger Aufwand und Kosten. Gleich­zeitig wird neuer Wohnraum geschaffen. Die GGH hat dies z.B. bei Mietwoh­nungen im Höllen­stein sehr gut prakti­ziert. Sie ist ein verläss­licher Partner, der aber mit seinen vielfäl­tigen Aufgaben mittler­weile an seine Grenzen stößt.

Daher ist es an der Zeit, darüber nachzu­denken, wie wir im Bereich Bauen neue Wege gehen können. Die Stadt Heidelberg benötigt zusätz­liche externe Unter­stützung – nach genos­sen­schaft­lichem Prinzip. Dies gilt nicht nur für den Wohnungsbau, sondern auch für unsere komplexen Aufgaben beim Neubau und der Sanierung von städti­schen Gebäuden.

Bauun­terhalt braucht zunehmend mehr Aufmerk­samkeit – finan­ziell und personell. Dem wurde bisher zu wenig Rechnung getragen. Das führt zu einem weiteren Verfall der Gebäude und Aufschieben von längst notwen­digen Sanie­rungs­maß­nahmen. Die Kosten erhöhen sich dadurch um ein Vielfaches. Allen voran sind hier die Schulen zu nennen. Es besteht ein enormer Sanie­rungs- und Instand­set­zungsstau.

Wir sehen einen Teil der Lösung in einer besseren Verzahnung von Schulamt und Hochbauamt und fordern deshalb eine/n Schul-Sanie­rungs-Koordi­nator/-in als Schnitt­stelle der beiden Ämter. Ein Schritt in die richtige Richtung ist die Analyse des Gebäu­de­zu­stands. Mit einem Planungstool können nun die Sanie­rungen noch besser priori­siert und koordi­niert werden. Wir fordern darüber hinaus die Einrichtung einer Arbeits­gruppe bestehend aus Verwaltung, Vertre­tern/-innen des Gemein­de­rates, den geschäfts­füh­rende Schul­lei­tungen und dem Gesamt­el­tern­beirat, um künftige Baumaß­nahmen nachvoll­ziehbar, planbar und bedarfs­ge­recht anzugehen.

Kurzfristig werden wir damit jedoch wenig Verbes­se­rungen erreichen. Aber es muss jetzt etwas passieren, um das Vertrauen der Bürge­rinnen und Bürger zurück­zu­ge­winnen. Wir brauchen pragma­tische Lösungen für einzelne Maßnahmen, die nicht wieder weitere Jahre aufge­schoben werden. Deshalb beantragen wir ein Fenster­er­neue­rungs­pro­gramm.

Das Gleiche gilt übrigens nicht nur für Schulen, sondern für alle städti­schen Gebäude und Flächen.

Der Sport­kreis erhält eine zusätz­liche Perso­nal­stelle für die Unter­stützung der Vereine. Ihre Aufgabe besteht für uns unter anderem auch darin, Sanie­rungs- und Instand­set­zungs­maß­nahmen der Sport­hallen und ‑plätze mit den entspre­chenden Ämtern der Stadt zu koordi­nieren.

Ebenso begrüßen wir die neuen Stellen zur Stärkung der Stadt­teil­ent­wicklung. Wir möchten aber betonen, dass wir darin keine Wissen­schaftler sehen, sondern Praktiker. Und vor allem sollten sie in den Stadt­teilen sichtbar sein und darin unter­stützen, die Angebote und Räume für Jugend­liche, Vereine und Kultur auszu­bauen. Sie sind Binde­glied zur Stadt­ver­waltung, gehen aktiv auf die Bewoh­ne­rinnen und Bewohner zu, inter­es­sieren sich für deren Themen, Sorgen und Anregungen – vielleicht kommen sie idealer­weise sogar aus dem Stadtteil?

Wir freuen uns, dass nun endlich unserer Forderung Rechnung getragen wird, den Kultur­be­griff breiter zu sehen sowie die Kultur und Tradition der Stadt­teile stärker zu berück­sich­tigen.

Die Förderung im Bereich Kultur sehen wir schon immer vorrangig als Hilfe zur Selbst­hilfe: Alle geför­derten Insti­tu­tionen leisten eine wichtige Arbeit, müssen sich aber auch selbst darum bemühen, Einnahmen zu generieren. Deshalb sollen in diesem Haushalt auch gerade dieje­nigen Insti­tu­tionen stärker gefördert werden.

Ansonsten sollte es unser Ziel sein, den hohen Standard in der Kultur zu halten und nicht ständig mehr zu verlangen. Wir haben im kultu­rellen Bereich ein hohes Niveau, während wir unsere Pflichtrauf­gaben – wie z.B. Schul­sa­nie­rungen – nicht erfüllen. Das geht so nicht länger!

Ein weiteres Themenfeld: Klima­schutz und Mobilität

Heidelberg ist Vorreiter in Sachen Klima­schutz. Wir wünschen uns hier jedoch eine stärkere Priori­sierung und v.a. eine Konzen­tration auf effektive Maßnahmen statt puren Aktio­nismus!

Beim Thema Mobilität stehen wir leider noch nicht so gut da.

Das Dezernat für Klima­schutz, Umwelt und Mobilität hat bereits im letzten Doppel­haushalt den höchsten Stellen­zu­wachs erhalten – jetzt muss geliefert werden!

Die Anliegen der Bürge­rinnen und Bürger und auch der Unter­nehmen müssen schneller beant­wortet werden. Es gibt nach wie vor kein Fahrrad­we­ge­konzept, das wir seit Jahren fordern. Der Mobili­täts­ausbau stagniert und Schnellbus-Linien für den Pendler­verkehr fehlen nach wie vor. Hier müssen wir regional denken und handeln!

Seit Jahren fordern wir Park & Ride und zwar an allen Ortsein­gängen, mit guter ÖPNV-Anbindung und Kombi­ticket, wie es uns andere Kommunen vormachen. Weshalb man sich nach wie vor dagegen sträubt, ist uns unver­ständlich. Immerhin haben es unsere Quartiers­ga­ragen in den Haushalts­entwurf geschafft. Wir werden ein scharfes Auge darauf haben, dass weitere reali­siert werden!

Auch wir haben für diesen Doppel­haushalt Anträge gestellt, um Ziele zu schärfen und struk­tu­relle Verbes­se­rungen zu schaffen. Die Anträge, die die Finanzen verändern, sind komplett gegen­fi­nan­ziert.

Wir machen mit unseren Anträgen keine Geschenke, sondern haben immer die gesamte Stadt und die Bürge­rinnen und Bürger im Blick. Wir berück­sich­tigen nicht dieje­nigen, die am lautesten schreien, sondern bevor­zugen eine trans­pa­rente Priori­sierung der Fachämter – idealer­weise unter Einbindung der Betrof­fenen bzw. Nutzer.

Das Thema Schul­sa­nie­rungen muss noch stärker in den Fokus gerückt werden.

Dafür sind wir auch bereit, bei unserem eigenen Budget zu sparen, um unseren Beitrag zu leisten!

Vielen Dank für Ihre Aufmerk­samkeit!