Die Konversionsflächen in Heidelberg werden eifrig beplant und bebaut, zum Teil leben und arbeiten schon Menschen dort. Nur eine Konversionsionsfläche befindet sich noch im Dornröschen Schlaf: das Airfield. Es gibt die Idee, dort einen Landwirtschaftspark zu entwickeln, von der IBA wurde dies als Projekt aufgenommen. Aber in den letzten beiden Jahren hat man nichts mehr davon gehört.
Viele Menschen fragen sich, was mit der Fläche künftig geschieht, vor allem die Anlieger. Das sind die Bürgerinnen und Bürger aus Kirchheim, dem Pfaffengrund und der Bahnstadt, die die Fläche schon heute als Naherholungsgebiet nutzen, und die Landwirte, die die Fläche in früherer Zeit für militärische Zwecke aufgeben mussten und heute noch die Flächen drumherum bewirtschaften.
Auch die bürgerlichen Fraktionen im Heidelberger Gemeinderat (CDU, Die Heidelberger und FDP) interessieren sich stark für die künftige Entwicklung der Fläche Airfield und möchten anstoßen, dass auch die Entwicklung dieser Konversionsfläche zügig angegangen wird. Aus diesem Grund haben sie am Freitag, den 04.02.2022, zum Austausch mit den Landwirten und Vertretern der Stadtteilvereine Kirchheim und Pfaffengrund eingeladen.
Die Landwirte haben sich sehr über die Einladung der bürgerlichen Fraktionen zur Gesprächsrunde zum Thema Airfield gefreut. Viele von Ihnen waren in der Initiativgruppe für einen Landwirtschaftspark beteiligt, waren begeistert von den Ideen, die vorgestellt wurden und enttäuscht, dass sie im letzten Jahr abgewiegelt wurden, wenn sie sich im zuständigen Dezernat für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität nach dem Stand der Dinge und weiteren Vorgehen erkundigt haben.
Von Seiten der IBA Heidelberg war Moritz Bellers anwesend und hat über die Ansätze zum Projekt Landwirtschaftspark informiert: Hier sollen Nahrungsproduktion, Erholung und Naturschutz zusammenfinden und der Landschaftsraum als Bildungsort erlebbar werden. Der Landwirtschaftspark Heidelberg ist ein Freiraum- und Bildungsprojekt. Es soll um Fragen gehen, wie Stoffkreisläufe regionaler gestaltet werden können. Aber auch Produktionsprozesse hochwertiger Lebensmittel sollen berücksichtigt werden. Durch die IBA haben sich verschiedene Universitäten mit dieser Parktypologie beschäftigt und Ideen und Transformationskonzepte entwickelt. Außerdem wurde ein Kooperationsnetzwerk von Landwirten, Anwohnern, Bildungs- und Forschungseinrichtungen aufgebaut und die Zusammenarbeit vereinbart.
„Thema ist auch, wie produktive Landwirtschaft und Naherholung konfliktfrei zusammenfinden können“, ergänzt Bellers. Das ist ein wichtiger Aspekt für die anwesenden Landwirte. Schon heute wird das Areal rege als Naherholungsgebiet genutzt. Gleichzeitig gehen die Landwirte hier ihrer täglichen Arbeit nach. Da bleiben Konflikte nicht aus. Vom Konzept Landwirtschaftspark erhoffen sich die Landwirte durch die leicht zugänglichen Informationen mehr Wertschätzung und Verständnis für die Belange der Landwirtschaft.
„Nach dem Klimagutachten, dass die Stadt Heidelberg in Auftrag gegeben hat, musste sogar die Firma Wild in den 90ern ihre Hallen nach der Windrichtung ausrichten. Das Airfield ist das Nadelöhr der für Bergheim und jetzt auch die Bahnstadt wichtigen Belüftungsschneise. Hier sollte eher rückgebaut als bebaut werden, damit der Luftaustausch zum städtischen Gebiet erhalten bleibt“, ergänzt Landwirt Martin Pfisterer.
Heinz Schmitt, Vorsitzender des Stadtteilvereins Pfaffengrund, merkt an, dass es schon viele Ideen für das Airfield gab, die im Pfaffengrund aber nicht alle auf Gegenliebe gestoßen sind: „Der Pfaffengrund ist mit seiner Wohnbebauung entlang des Airfields am meisten von den Planungen betroffen. Wir wollen, dass auf dem Gelände eine bunte Mischung der Nutzung für Jung und Alt und der Landwirtschaft entsteht. Aber bitte unter einer gewissen Aufsicht durch die Stadt und nicht eine große Partiemeile wo jeder machen kann was er will. Ich denke immer an so eine Art Luisenpark mit vielen Möglichkeiten.“
Moritz Bellers gibt den Anwesenden folgende Anregungen mit: „Für die Fläche Airfield, die momentan wie eine Insel zwischen den Stadtteilen Kirchheim, Pfaffengrund und Bahnstadt liegt, wäre eine Nutzungsmischung ideal. Es gibt viele schöne Ideen, die auch nicht die gesamte Fläche beanspruchen. So könnte hier vielleicht eine Kombination von vier Teilbereichen unterkommen: Freizeit, Natur, Landwirtschaft und auch ein Teil Ökonomie. Eine Mono-Nutzung halte ich für gefährlich und das Schlimmste wäre, das Airfield als Restfläche anzusehen und dort unterzubringen, was anderenorts keinen Platz findet.
Auch der Stadtteilverein Kirchheim meldet sich zu Wort: „Zunächst sind wir froh, dass der Vorschlag der Grünen, den Betriebshof auf das Airfield zu verlegen vom Tisch ist. Und wir werden uns weiterhin dafür stark machen, dass eine Straßenbahn zur Anbindung von PHV nicht quer durch das Kirchheimer Feld verläuft und wertvolle landwirtschaftliche Fläche vergeudet. Wir haben als Stadtteilverein den Beschluss gefasst, dass wir uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass keine landwirtschaftlichen Flächen mehr geopfert werden, “ so Stadtteilvereinsvorsitzender Jörn Fuchs.
„Das Airfield und die umliegenden landwirtschaftlichen Flächen liegen auf Kirchheimer Gemarkung. Hier darf nicht derselbe Fehler wie bei PHV gemacht werden: Von Beginn an muss die Verknüpfung mit dem Stadtteil und der Stadtteilmitte hergestellt werden,“ wird von Kirchheimer Seite ergänzt. „Auf der Fläche können viele Ideen umgesetzt werden, aber sie müssen alle mit der Landwirtschaft und landwirtschaftlicher Nutzung des Umfeldes kompatibel sein. Und wir wünschen keine Überfrachtung durch zu viele unterschiedliche Projekte.“
Marliese Heldner, Stadträtin der unabhängigen Wählerinitiative Die Heidelberger, berichtete aus ihrer Arbeit im Entwicklungsbeirat Konversion, in dem Sie sich von 2012 – 2017 engagierte: „Dort wurde als Handlungsziel für die Konversionsflächen Folgendes definiert: Rückgewinnung, Qualifizierung, Sicherung und Vernetzung von Landwirtschaftsräumen, Grünflächen und Freiflächen. Von einer Rückgewinnung von landwirtschaftlichen Flächen ist im mittlerweile fortgeschrittenen Konversionsprozess jedoch nichts zu merken. Bei der Entwicklung von PHV ist eher das Gegenteil der Fall.“
„Deshalb ist es uns umso wichtiger, bei der Konversionsfläche Airfield die Landwirtschaft ganz eng einzubinden, deshalb haben wir die Landwirte heute eingeladen,“ ergänzt Fraktionskollegin Larissa Winter-Horn. „Die Landwirte und auch wir betrachten es realistisch: Von einer Rückgewinnung landwirtschaftlicher Flächen müssen wir uns wohl verabschieden. Umso wichtiger ist es jedoch, bei der Entwicklung dieser Konversionsfläche darauf zu achten, dass nicht noch mehr landwirtschaftliche Fläche verloren geht. Das sollte von Anfang an in die Planungen mit einbezogen werden.“
Ein Landwirt drückt es noch drastischer aus: „Wir Landwirte sind aktuell die größten Verlierer. Wir verlieren landwirtschaftliche Flächen für Infrastrukturmaßnahmen und Bebauung. Und für Bebauung werden Ausgleichsflächen benötigt. Dafür werden wieder landwirtschaftliche Fläche weggenommen. Es wäre das Mindeste, wenn Teile des Airfield als Ausgleichsfläche genutzt werden könnten. Uns wurden tolle Ideen aufgezeigt, wie sich die Natur auch versiegelte Flächen zurückholen kann. So etwas könnten wir uns mit Teilen der Landebahn vorstellen.“
„Das Gebiet um das Airfield bietet viele Möglichkeiten. Wir müssen jetzt die Potentiale ausloten und frühzeitig entscheiden, wohin die Reise gehen soll, um nicht unnötig Zeit und Ressourcen zu verschwenden. In der Zwischenzeit sind wir aber offen für Zwischennutzungen, der Bedarf ist groß. Wir freuen uns auf einen ergebnisoffenen Austausch mit den Bürgern Heidelbergs und den angrenzenden Stadtteilen“, so Dr. Jan Gradel, Fraktionsvorsitzender der CDU.
Die bürgerlichen Fraktionen fassen abschließend zusammen: Das Gebiet um das Airfield wird schon heute als Naherholungsgebiet von gleich mehreren Stadtteilen genutzt. Das Projekt Landwirtschaftspark bietet gute Voraussetzungen, um die Konversionsfläche Airfield als Naherholungsgebiet auszubauen und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag für die Landwirtschaft in Heidelberg zu leisten. Hier stehen ausreichend Flächen zur Verfügung, die von der Jugend und Vereinen genutzt werden können – Sport- und Begegnungsflächen, die die Stadt und vor allem die angrenzenden Stadtteile dringend benötigen.
„Wir machen uns dafür stark, dass der Prozess wieder angestoßen wird, die Pläne vorangetrieben werden und die Landwirte und Anlieger in diesen Prozess eingebunden werden!“ So schließen die Vertreter der bürgerlichen Gemeinderatsfraktionen ab und kündigen an, einen entsprechenden Antrag im Gemeinderat einzubringen.