Die Heidelberger, Larissa Winter-Horn (Fraktionsvorsitzende)
[Es gilt das gesprochene Wort]
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Dame und Herren Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen & Herren,
ich blicke mit gemischten Gefühlen auf die vergangenen acht Wochen zurück:
Ich bin froh, dass eine große Mehrheit ein gemeinsames Paket geschnürt hat.
Für uns ist die inhaltliche Diskussion zu den einzelnen Änderungsanträgen jedoch zu kurz gekommen bzw. wurde abgeblockt. Wir legen mit dem Haushalt weitreichende Dinge fest und bewegen nicht nur kleine Summen. Da hätten wir eine inhaltliche Auseinandersetzung erwartet. Wenn ich dazu als Argument höre, dass man nicht die Zeit und Lust hat, über 400 Anträge zu diskutieren, gebe ich ganz einfach den Tipp, dass eine einzelne Fraktion auch nicht 100 Änderungsanträge stellen muss.
Und noch dreister ist es, wenn man sich einfach herausnimmt, das Verfahren zu ändern, statt Anträgen sechs Themenfelder definiert und dann die Mitarbeitenden der Verwaltung eine Woche damit beschäftigt, daraus die notwenigen Anträge zu formulieren – 100 Stück an der Zahl. Und dem Laien – oder zumindest der Presse – ist es nicht mal aufgefallen.
Für uns hat sich bestätigt, was ich bereits vor acht Wochen gesagt habe:
In zu vielen Bereichen soll über das hohe Niveau der Stadt Heidelberg hinaus noch etwas „draufgesattelt“ werden – wo zum Teil die Sinnhaftigkeit in Frage steht! Wer die Änderungsanträge aufmerksam gelesen hat und sieht – um nur mal ein Beispiel zu nennen –, dass die Grünen einen „Masterplan Tischtennisplatten“ beantragen, fragt sich sicherlich wie wir, ob wir in Heidelberg keine anderen Probleme haben.
Oder: Die Tarifsteigerungen, die die Fördergeldempfänger von der Stadt Heidelberg erhalten, reichen nicht aus, es muss bei ausgewählten Themen noch „eine Schippe drauf gesetzt“ werden, die nun Jahr für Jahr den Haushalt mehr belastet.
Deshalb ist es unser erklärtes Ziel, bis zum nächsten Doppelhaushalt, die Förderrichtlinien der Stadt Heidelberg zu überarbeiten. Wir leisten gerne Hilfe zur Selbsthilfe, aber alle Fördergeldempfänger dürfen sich nicht auf der Unterstützung der Stadt Heidelberg ausruhen, sondern müssen sich auch anderweitig um Einnahmen kümmern. Wir kofinanzieren gerne gute Angebote – diese müssen sich aber den tatsächlichen Bedarfen anpassen, weiterenwickelt oder auch mal eingestellt werden, wenn die Situation sich ändert – auch hier müssen wir mutiger und v.a. ehrlicher werden.
Einer unserer Leitanträge war und bleibt ein realistischeres Investitionsprogramm: Weil die letzten Haushaltsjahre gezeigt haben, dass weder die geplanten Investitionen umgesetzt wurden noch die prognostizierte Neuverschuldung erreicht wurde, hätten wir uns eine kritische Diskussion darüber gewünscht, was in diesem Doppelhaushalt überhaupt realistisch umgesetzt werden kann. Das hat auch etwas mit Ehrlichkeit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu tun.
Übrigens kritisiert auch der Rechnungshof solche „Ausgabenreste“ vermehrt.
Weshalb dieser Leitantrag gleich in der ersten Verhandlungsrunde von den Grünen als KO-Kriterium herausgestrichen wurde, können wir nach wie vor nicht verstehen. Wie kann man dagegen sein, dass man versucht, nur die Summen einzustellen, die in diesem Doppelhaushalt auch tatsächlich bewirtschaftet werden können?
Weil in diesem Haushalt nicht alles umgesetzt werden kann – vor allem, weil nach Genehmigung des Doppelhaushaltes nur noch etwas mehr als ein Jahr zur Verfügung steht, haben wir eine stärkere Priorisierung gefordert – und zwar eine fakten-basierte – statt politischer Entscheidung oder sollen wir bereits sagen „Wahlkampfgeschenke“. Es wird wieder bedient, wer am lautesten nach mehr schreit, ohne dass man sich vorher mit den Hintergründen auseinandersetzt. Mit dem Ergebnis, dass Anderes auf der Strecke bleibt, obwohl der Bedarf dringlicher wäre.
Erschreckend ist für uns, dass der Wirtschaft in Heidelberg so wenig Bedeutung zugemessen wird und das, obwohl es die Gewerbesteuereinnahmen sind, die uns erlauben, den Bürgerinnen und Bürgern so vielfältige Angebote zu machen.Unsere Fraktion Die Heidelberger musste bis zuletzt dafür kämpfen, dass es ein einziger Antrag in das Änderungspaket geschafft hat, der zur Förderung der Wirtschaft beiträgt.
Und da wir gerade beim Thema Wirtschaftsförderung sind: Wenn man mal über den Tellerrand hinausschauen würde, würde man erkennen, dass auch die Europäische Kulturhauptstadt eine Wirtschaftsförderungsmaßnahme ist. Kultur ist nicht nur Motor für die Stadtentwicklung neuer Quartiere, sie ist auch das Herz gewachsener Quartiere. Und an anderen Städten kann man sehen, welche positiven Effekte zum Beispiel auf Tourismus, Gastronomie und Handel erzielt wurden. Diese Impulse würden wir uns gerade jetzt für unsere Innenstadt und auch die Stadtteile wünschen, dort schließen aktuell – oder eröffnen gar nicht erst – die so wichtigen inhabergeführten Lokalitäten; eine nach der anderen. Es wäre gerade jetzt eine wichtige Unterstützung des Mittelstandes und damit für die ganzheitliche Entwicklung unserer Stadt.
Aber das wird nicht gesehen und die Chance wird „mal wieder“ vertan, weil im Vordergrund steht, den OB für seine Herangehensweise abzustrafen! Unsere Aufgabe als Stadträtinnen und Stadträte ist es, Entscheidungen für die Stadt und die Stadtgesellschaft zu treffen und nicht gegen die vorrausschauenden Ideen des Oberbürgermeisters.
Wir haben uns weiterhin dafür stark gemacht, dass der ÖPNV für Kinder und Jugendliche in Heidelberg günstig bleibt. Mit dem Kompromiss 9 € statt 3 € im Monat können wir leben. Und so bleibt die deutliche Entlastung für alle Familien in Heidelberg erhalten. Dass Heidelberg eine familienfreundliche Stadt ist, ist uns wichtig und leitet uns.
Neben der Entlastung für die Eltern bringt das günstige Ticket viele Vorteile für die Kinder und Jugendlichen: Sie werden an öffentliche Verkehrsmittel herangeführt und speichern sie als Mobilitätsmöglichkeit ab. Sie nutzen das Ticket nicht nur für die Schule, sondern auch in der Freizeit und sie können ihren Bewegungsradius erhöhen. Das vergangene Jahr hat uns lernen lassen, dass es wichtig ist, alle Familien, Kinder und Jugendliche zu fördern statt auch hier wieder zu differenzieren.
Trotz einem gewissen Maß an Unzufriedenheit werden wir dem vorgeschlagenen Doppelhaushalt bzw. dem gemeinsamen Änderungspaket zustimmen, denn:
1) Durch die Änderungsanträge wird die (ohnehin schon grenzwertig hohe) Neuverschuldung der Stadt nicht erhöht.
2) Unsere Änderungsanträge, die uns besonders wichtig waren, sind im Wesentlichen enthalten und wir sind davon überzeugt, dass mit diesen Änderungsanträgen in den nächsten Jahren ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung geleistet werden kann.
Das erste wichtige Ziel ist für uns, dass die Verwaltung fit für die Zukunft gemacht wird
Dazu haben es einige Anträge von uns und anderen ins Haushaltspaket geschafft.
Nun kann die Stadtverwaltung damit arbeiten!
Es geht um eine auskömmliche Personalausstattung, angemessene Bezahlung, aber auch Zusatzleistungen, moderne Arbeitsweisen und Arbeitsplätze (v.a. für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf) oder auch dass das geplante 2. Ausbildungshaus auch für städtische Auszubildende zu Verfügung steht.
Mit am wichtigsten ist für uns aber, dass „neue“ Mindset:
1) Stichwort Ermöglichungskultur: Die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung sind Botschafter für unsere Stadt. Für Heidelberg. Wir erwarten von ihnen ein lösungsorientiertes Arbeiten für Bürgerinnen und Bürger wie für Unternehmen. Der Ansatz muss sein, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, statt damit zu beginnen, was aus welchem Grund nicht möglich ist.
2) Ein neues Miteinander innerhalb der Verwaltung, eine bessere Verzahnung der Ämter, um schnellere Lösungen zu ermöglichen.
Ein zweiter Schwerpunkt ist „Flächen strategisch und nachhaltig nutzen“
Wenn sich die Stadt entwickeln soll, wir zusätzlichen Wohnraum zur Verfügung stellen wollen und Unternehmen und Start-ups ermöglichen wollen, sich in Heidelberg anzusiedeln oder zu erweitern, ist ein besonders vorausschauender Umgang mit den zur Verfügung stehenden Flächen erforderlich.
Deshalb wird auf unseren Antrag hin die Stelle eines Flächenmanagers/-managerin geschaffen für ein proaktives Upcycling von Gewerbeflächen. Auf diese Weise kann stärker darauf Einfluss genommen werden, dass sich qualitätvolle Unternehmen in Heidelberg ansiedeln, wenn Gewerbeflächen frei werden bzw. zur Entwicklung bereitstehen. Dabei müssen die Ämter für Liegenschaften und Wirtschaftsförderung ineinandergreifen und auch die Verzahnung mit der Region sollte weiter ausgebaut werden. Das interkommunale Gewerbegebiet mit Leimen bildet den ersten Schritt. Dann können mittel- bzw. längerfristig auch noch höhere Gewerbesteuereinnahmen generiert werden.
Genauso durchdacht müssen wir mit Flächen für Wohnraum umgehen.
Ein folgerichtiger Ansatz ist die Umsetzung des Themenfeldes „Neue Wohnformen“ als ein Aufgabenschwerpunkt des neu eingerichteten Referats für Finanzen, Wohnen, Liegenschaften und Konversion.
Auch unser zusätzliches Ziel „Mehrfachnutzung von Flächen“ hat es in das Haushaltspaket geschafft: Es sollte geprüft werden, ob Garagendächer, Discounter-Märkte, Büro- und Verwaltungsgebäude oder Parkhäuser mit der Funktion Wohnen oder auch Anderem aufgestockt werden können. Eine bereits bebaute Fläche kann so ein zweites Mal genutzt werden und es müssen keine neuen Flächen dafür versiegelt werden.
Und schließlich haben wir gemeinsam ein ganzes Paket auf den Weg gebracht, damit wir beim Thema Schulsanierungen – und auch anderen städtischen Gebäuden – schneller vorankommen:
Zum einen soll das Hochbauamt sowohl personell als auch finanziell besser ausgestattet werden. Von der SPD kommt der wichtige Impuls, die GGH auch beim Thema Schulsanierungen verstärkt mit ins Boot zu holen, um mit doppelter Kraft voranzukommen.
Von uns kommen die entscheidenden strukturellen Maßnahmen: Auf unseren Antrag hin wird die Stelle eines Schul-Sanierungs-Koordinators/-in geschaffen als Bindeglied zwischen den Schulleitungen, dem Gesamtelternbeirat und der Verwaltung, aber auch für eine bessere Verzahnung von Schulamt und Hochbauamt bzw. als Schnittstelle zwischen Schulamt und GGH. Die inhaltliche Verantwortung liegt im Dezernat IV – mit dem neuen Leiter des Amtes für Schule und Bildung kann diese Verantwortung ausgebaut werden.
Darüber hinaus haben wir beantragt, dass eine Arbeitsgruppe eingerichtet wird bestehend aus Verwaltung, Vertretern/-innen des Gemeinderates, den geschäftsführenden Schulleitungen und dem Gesamtelternbeirat, um künftige Baumaßnahmen nachvollziehbar, planbar und bedarfsgerecht anzugehen.
Für all dies hat das Hochbauamt, dass sich – was vielen gar nicht bewusst ist –
in dieser Form erst seit 4 Jahren im Aufbau befindet, gute Grundlagen geschaffen: Es musste nämlich erst einmal in Erfahrung gebracht werden, dass über 700 Gebäude in der Verantwortung der Stadt Heidelberg sind und im zweiten Schritt wurde untersucht, welche Sanierungsbedarfe an welchen Gebäuden bestehen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch einfach Mal meine Anerkennung für
Herrn Heußer und sein gesamtes Team zum Ausdruck bringen!
Mit dieser Grundlagenanalyse und der verbesserten Ausstattung kann das Hochbauamt nun durchstarten und die Prozesse optimieren, so dass wir bei der Instandhaltung der städtischen Gebäude endlich aufholen – was uns längerfristig auch Kosten sparen wird.
Bei einem Punkt konnten wir uns leider nicht durchsetzen: Basierend auf der Grundlagenanalyse hat das Hochbauamt eine Prioritätenliste erstellt, an welchen Schulen die dringlichsten Sanierungsbedarfe bestehen und wo vor allem Gefahr im Verzug ist.
Wir haben deshalb an die Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat appelliert, sich an diese Prioritätenliste zu halten. Wir bedauern, dass die Mehrheit hier nicht faktenbasiert entscheidet, sondern danach wer am lautesten schreit. Uns geht es um ehrliche Prioritäten statt um Geschenke zum bevorstehenden Kommunalwahlkampf.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich freue mich für jede Schule, die saniert wird. Aber wenn die Schulen vorgezogen werden, bei denen sich die Eltern am lautesten zu Wort melden, haben die Schulen ohne akademisch besetzten Elternbeirat das Nachsehen, weil sich die Eltern nicht darum kümmern, obwohl die Bedarfe vielleicht dinglicher sind. Wir bevorzugen eine transparente Priorisierung der Fachämter –
idealerweise unter Einbindung der Betroffenen bzw. Nutzer.
Hinzu kommt, dass beim Einstellen zusätzlicher Bauprojekte nicht einmal eruiert wurde, ob die eingestellten Mittel in diesem Doppelhaushalt überhaupt bewirtschaftet werden können. Für uns sind das Geschenke, die nicht eingelöst werden können. Deshalb stehen manche Projekte seit zehn Jahren im Haushalt und sind noch nicht umgesetzt – was so viel Frustration erzeugt!
Wir machen mit unseren Anträgen keine Geschenke, sondern haben alle Bürgerinnen und Bürger im Blick, die Entwicklung der gesamten Stadt und ihrer Stadtteile – dafür steht die Wählervereinigung Die Heidelberger!
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit. Wir freuen uns, mit diesem Haushalt die Zukunft unserer Stadt gestalten zu können!