10. April 2025 | Aktuelles, Haushalt & Finanzen

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Stellung­nahmen zum Haushalts­entwurf & Einbringung der Änderungs­an­träge

Die Heidel­berger, Larissa Winter-Horn (Frakti­ons­vor­sit­zende)

Sehr geehrter Herr Oberbür­ger­meister,

sehr geehrte Bürger­meis­te­rinnen und Bürger­meister,

liebe Kolle­ginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst einmal möchte ich mich beim gesamten Team der Stadt Heidelberg bedanken, das in den letzten Monaten intensiv an diesem Haushalt gearbeitet hat.

Die Ausgangslage war diesmal eine andere, wie sie viele Betei­ligte bis dato nicht kannten.

Aber davon zu sprechen, dass das Defizit plötzlich kam, ist falsch.
Der Kämmerer hat uns bereits vor einem Jahr darauf hinge­wiesen.

Das hat die meisten Fraktionen jedoch nicht davon abgehalten, im Kommunalwahlkampf fleißig Zusagen zu machen. Marliese Heldner wurde bei einer Podiums­dis­kussion regel­recht in die Ecke gestellt, weil siekeine Zusage für eine Erhöhung um 500.000 € gemachthat. Und nun können die Versprechen der anderen nicht einge­halten werden. Welche Vorge­hens­weise ist nun ehrlicher?

Inter­essant ist auch, dass die RNZ im Mai 24 die Kommu­nal­wahl­listen befragt hat: „Die Stadt hat überra­schend 100 Millionen Euro Minder­ein­nahmen – wo sparen Sie?” Und ausge­rechnet unsere größte Gemein­de­rats­fraktion hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, diese Frage ernsthaft zu beant­worten. Für sie war die Lösung: „Am Selbst­mar­keting des Oberbür­ger­meisters.

Aber nun konkret zum vorlie­genden Haushalts­entwurf:

Um die Situation für jeden verständlich auf den Punkt zu bringen:

- Der Schul­den­stand wird bis Ende 26 bei 468 Mio. € liegen –
das ist mehr als eine Verdopplung innerhalb von 5 Jahren.

- Wir müssen allein schon für unsere laufenden Ausgaben Schulden aufnehmen.

- Unsere Rücklagen sind in 2 Jahren aufge­braucht es sei denn, wir steuern jetzt gegen!

Deswegen sind im Haushalt die Inves­ti­tionen deutlich herun­ter­ge­fahren.
Nur ein Minimum zum Erhalt der Infra­struktur ist übrig. Dafür neue Schulden aufzu­nehmen, ist nötig. Aber geneh­mi­gungs­fähig wäre dieser Haushalts­entwurf eigentlich nicht.

Damit es endlich alle verstehen: Anders als der Bund können wir als Kommune nicht unbegrenzt Kredite aufnehmen, wir bekommen sie ab einer gewissen Größe nicht mehr genehmigt. Das war in den letzten Jahren bereits der Fall.

Ein Haushalt wird nicht in den schlechten Jahren, sondern in den guten Jahren versaut. Tatsächlich haben wir uns zuviel geleistet und das nicht reflek­tiert. Wir haben hoheStandards etabliert, die natürlich niemand reduzieren möchte. Doch das müssen wir. Nur so erhalten wir künftigauch wieder Spielraum für Inves­ti­tionen.

Uns ist bewusst, dass wir ein Defizit von über 100 Millionen € nicht von jetzt auf gleich abbauen können. Aber jeder Schritt in diese Richtung zählt jetzt! Denn wir müssenzeigen, wie wir die Konso­li­dierung in 4 Jahren ernsthaft umsetzen.

Doch wie bekommen wir das hin?

Mit dem Haushalt 21/22 wurde eine Haushalts­truk­tur­kom­mission einge­richtet. Ziel war, die Erträge zu steigern bzw. den Aufwand zu reduzieren, und zwar durch Aufga­ben­kritik und struk­tu­relle Verbes­se­rungen.Doch dazu kam es nie.

Wir sind enttäuscht, dass uns in der Haushalts­struk­tur­kom­mission nur von wenigen ÄmternVorschläge zu realis­ti­schen Sparmaß­nahmen zur Diskussion vorge­stellt wurden. Vorschläge zu struk­tu­rellen Verän­de­rungen gab es überhaupt nicht.

Und das spiegelt sich auch im Haushalts­entwurf wieder:

Die großen Einspa­rungen, die die Verwaltung für den Haushalts­entwurf bereits einbringt, sind nicht sofort erkennbar.

In welchen Bereichen Einspa­rungen vorge­nommen werden und welche Auswir­kungen das hat, ist nicht trans­parent darge­stellt.

Wie der Ergeb­nis­haushalt durch entspre­chende Maßnahmen nachhaltig verbessert werden kann, wird auch nicht deutlich aufge­zeigt.

Und vor allem fehlt uns ein mutiger Weg!

Wir möchten nicht unter­stellen, dass der Haushalts­entwurf keine Struktur in puncto nachhal­tiger Einspar­po­ten­ziale hat. Auf Nachfrage haben wir alle relevanten Daten und Fakten erhalten. Aber es fehlt an Übersicht und Trans­parenz sowiean einem struk­tu­rierten Prozess für die folgenden Beratungen, anhand dessen Verwaltung und Gemein­derat gemeinsam gezielte Entschei­dungen treffen können.

Uns ist bewusst geworden, dass die dezen­trale Ressourcen- und Kostenverant­wortung in der Kommune zwar Vorteile mit sich bringt. Aber eine zentrale, überge­ordnete Steuerungsebene ist dadurchverloren gegangen.

Wir wollen dieses Problem lösen und eine der dringendsten Maßnahmen, die wir ergreifen wollen, ist die Schaffung einer zentralen Controlling-Funktion in der städti­schen Verwaltung. Deshalb stellen wir folgenden konkretenLeitantrag:

Einrichtung und Etablierung einer zentralen Controlling-Funktion
1. für eine trans­pa­rente und nachvoll­ziehbare Haushalts­führung
2. für eine ziel- und ergebnisorien­tierte Steuerung

3. für die nachhaltige Konso­li­dierung durch laufendeBudget­kon­trolle und syste­ma­tische Ergeb­nis­ver­bes­serung über alle Bereiche

Ohne eine überge­ordnete Controlling-Funktion können wir die dringend notwendige Haushalts­kon­so­li­dierung nicht effektiv umsetzen. Diese Stelle ist entscheidend für den Erfolg und ermög­licht mittel- und langfristig die Sicher­stellung der Stabi­lität und der Zukunfts­fä­higkeit unserer Stadt. Sie sorgt dafür, dass die Ziele, die Politik und Verwaltung gesetzt haben, konti­nu­ierlich überprüft werden und über deren Einhaltung berichtet wird. Bei Abwei­chungen von den Zielen können wir uns auf objektive und trans­pa­rente Grund­lagen stützen, um gezielte Maßnahmen zu ergreifen.

Aus den vergan­genen Haushaltsbera­tungen ist bekannt, Die Heidel­berger stehen für:

1. Aufga­ben­kritik

Weitere Einspa­rungen seitens der Verwaltung sind nur durch eine stärkere Aufga­ben­kritik möglich.

2. Realis­tische Priori­sierung

Wenn wir selbst keine Priori­täten setzen, geben wir das Priori­tä­ten­setzen aus der Hand. Wir müssen Kernthemen heraus­filtern, die wir am Ende auch umsetzen.

3. Bürokra­tie­abbau & Ermög­li­chungs­kultur

Wenn man beides ernsthaft betreibt und Spiel­räume nutzt, spart dies erheb­liche Ressourcen bei Verwaltung, Bürgernund auch Unter­nehmen.

4. Digita­li­sierung einfach mal machen!

Das Amt für Digitales hat den größten Stellen­zu­wachs. Dann erwarten wir jetzt aber auch den Doppel-Wumms! Und vor allem, dass dadurch auch Personal frei wird.

Zurecht wird gefordert, die Einnah­men­seite zu verbessern.

Für uns bedeutet das jedoch nicht zwangs­läufig Gebüh­ren­er­höhungen oder neue Steuern. An erster Stelle sollte eine Wirtschafts­of­fensive stehen. Denn damit können wir an erfolg­reiche Jahre anknüpfen, in denen uns gerade die hohen Gewer­be­steu­er­ein­nahmen viele Inves­ti­tionen in die Zukunft ermög­licht haben.

Insofern kommt die Absenkung des Hebesatzes aus betriebs­wirt­schaft­licher Sicht genau zum richtigen Zeitpunkt: Jeder kennt den 1,99-Effekt. Es macht einen gravie­renden Unter­schied, ob der Hebesatz über oder unter 400 liegt.Und gerade aktuell haben wir Flächen, auf denen wir neues Gewerbe ansiedeln können.

Zu einer Wirtschafts­of­fensive gehört natürlich mehr:

Die Wirtschafts­för­derung wurde im letzten Haushalt von uns gestärkt – jetzt brauchen wir ein offen­sives Ansied­lungs­ma­nagement!

Bürokra­tie­abbau und Beschleunigung bei der Unter­neh­mens­gründung und -führung
vom Klein­un­ter­nehmen, über den Mittel­stand bis zur Industrie

Und wir als Gemeinderat müssen im Blick haben, ob unsere Entschei­dungen die Wirtschaft fördern oder ihr eher Steine in den Weg legen.

Einnahmen rein über höhere Gebühren oder neue Abgaben zu steigern, halten wir für den falschen Weg. Noch dazu, wenn nur einzelne Branchen belastet werden.

Deshalb sehen wir eine Übernach­tungssteuer skeptisch.Wir haben uns dennoch in der Arbeits­gruppe intensiv für einen akzep­tablen Kompromiss eingebracht: Mit einem Pauschal­betrag von 2,50 € pro Person und Nacht würde es gelingen, die im Haushaltsentwurf vorge­sehene Summe zu erwirt­schaften.

Was uns missfällt ist, dass ausschließlich Übernach­tungs­gäste in die Touris­mus­abgabe einzahlen undTages­tou­risten nicht. Wir haben dies von Anfang an gefordert, aber die Verwaltung hat die Tages­tou­risten weder in den Haushalts­entwurf aufge­nommen, noch ist sie im Nachgang lösungs­ori­en­tiert an die Sache heran­ge­gangen:Derzeit sieht man keine Möglichkeit. Und da sich dieMehrheit des Gemein­de­rates gegen einen Buspark­platz ausge­sprochen hat, können wir nicht mal die Bus- und Kreuz­fahrt­tou­risten auf einfache Weise zur Kasse bitten.

Ähnlich verhält es sich mit der Verpa­ckungs­steuer: Sie soll als Lenkungs­steuer die Abfall­mengen reduzieren. Aber die Leiterin des Amtes für Abfall­wirt­schaft hat noch einmal klarge­stellt, dass es Fakt ist, dass sich dadurch die Abfall­menge nicht ändert. Und wenn man sieht, dass der weit überwie­gende Teil der Einnahmen vom bürokra­ti­schen Aufwand aufge­fressen wird, sollte man sich wie Freiburg überlegen, einen sinnvol­leren Weg zu gehen.

Auch einigen Gebüh­ren­er­hö­hungen stehen wir skeptisch gegenüber. Es ist nachvoll­ziehbar, wenn man überlegt, erhöhte Kosten weiter­zu­geben. Aber dass es nun die Familien, die wir eigentlich fördern wollen, am härtesten trifft, ist nicht in unserem Sinne.

Das Problem sind die Ausgaben, nicht die Einnahmen:Zu Zeiten von OB Weber waren die Gewer­be­steu­er­ein­nahmen 100 Mio. € geringer als heute. Aber die Ausgaben sind über die Maßen gestiegen. Wir leben über unsere Verhält­nisse: Wir haben in einigen Bereichen die höchsten Ausgaben pro Kopf. Hier müssen wir ansetzen!

Man kann die Meinung vertreten, dass am Öffent­lichen Nahverkehr gar nicht gespart werden darf. Aber wenn uns die RNV Maßnahmen vorschlägt, wie die Kosten reduziert werden können, müssen wir uns damit ausein­an­der­setzen.Für uns ist dabei v.a. wichtig, dass die Außen­stadt­teile weiterhin gut angebunden bleiben.

Ebenso werden wir bei freiwil­ligen Leistungen im sozialen Bereich genau hinschauen müssen. Wobei man festhalten muss, dass die Zuschüsse auf dem Niveau von 24bleiben. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, wie es ist, wenn das Land dem Arbeits­geber den Zuschuss um 20 % kürzt – das sind wirkliche Abstriche.

Nichts­des­to­trotz ist uns bewusst, dass mit derselben Summe durch Perso­nal­kos­ten­stei­ge­rungen u.a. weniger Leistung erbracht werden kann. Deshalb müssen wir in diesen Prozess tiefer einsteigen und priori­sieren. Es existieren beispiels­weise auch Doppel­struk­turen, die wir uns ganz einfach nicht mehr leisten können.

Ein Bereich, den wir ungern beschneiden würden, ist die Schul­so­zi­al­arbeit. Hier haben wir uns einen guten Standard erarbeitet. Die Mittel sind sinnvoll inves­tiert – in unsere Jugend, in unsere Zukunft. Und um diese ist es aktuell nicht gut bestellt, wie uns Pädagogen, Ärzte und auch Thera­peuten berichten.

An dieser Stelle appel­liere ich an die Parteien, die in Land und Bund vertreten sind: Im sozialen Bereich – eigentlich in allen Bereichen – ist ein stärkeres Engagement von Land und Bund dringend erfor­derlich! Zum Großteil sind Geset­zes­än­de­rungen für die enormen Kosten­stei­ge­rungenverant­wortlich. Dann muss hierfür auch ein finan­zi­eller Beitrag geleistet werden. Ohne ein kommu­nales Entlas­tungs­pro­gramm werden wir den Haushalt nicht gestemmt bekommen!

Bauun­terhalt braucht mehr Aufmerk­samkeit – finan­ziell und personell. Dem wurde zu wenig Rechnung getragen. Es wurde zu viel in General­sa­nie­rungen und Neubau gesteckt, die Instand­setzung ist vernach­lässigt worden.

Proble­ma­tisch ist aber auch, dass wir viel zu teuer bauen: immer die höchsten Standards, Archi­tektenwettbe­werbe, nachträg­liche Änderungs­wünscheuvm. Und selbst unsere letzten beiden Kitas aus vorge­fer­tigten Holzmo­dulen, mit dem Fokus auf Zeit- und Kosten­ef­fi­zienz haben jeweils fast 8 Mio. € gekostet. Gut, dass die GGH bei den Schul­sa­nie­rungen mit ins Boot geholt wird. Auf diese Weise kommen wir schneller voran, aber günstiger kommt uns das nicht. Statt Krediten zahlen wir künftig fortlaufend Miete an die GGH.

Heidelberg ist Vorreiter in Sachen Klima­schutz. Darauf können wir stolz sein. Aber auch hier brauchen wir eine stärkere Priori­sierung und v.a. eine Konzen­tration auf effektive Maßnahmen statt puren Aktio­nismus!

Es tut mir leid, dass ich hier wieder das Beispiel Balkon­module bemühen muss: Ein Förder­pro­gramm von 20.000 € für Balkon­module ist finan­ziell überschaubar, auch wenn ein Beitrag zum Klima­schutz damit nicht geleistet wird. Den Symbol­cha­rakter kann man vielleicht noch unter­stützen. Aber wenn man erfährt, dass dieses Förder­pro­gramm zwei Mitar­bei­tende bindet und sich die Kosten also eher auf 200.000 € belaufen, muss man sich fragen, ob man das Geld nicht sinnvoller einsetzen könnte.

Im Bereich Kultur haben wir im Bundes­ver­gleich nach wie vor die höchsten Ausgaben. Das kann so nicht weiter gehen. Auch das Regie­rungs­prä­sidium akzep­tiert dieses hohe Niveau an freiwil­ligen Leistungen nicht, wenn wir unseren Pflicht­auf­gaben nicht nachkommen. Deshalb muss auch die Kultur Teil des Konso­li­die­rungs­pro­zesses sein.

Wir – Die Heidel­berger – stellen in diesem Doppel­haushalt bewusst keine Erhöhungs­an­träge. Es ist nicht so, dass wir uns diese nicht wünschen würden. 

Ein kleines Budget für die Kinder­be­auf­tragtenbeispiels­weise würde einen Zugewinn an Aktivi­täten in den Stadtteilen und mehr Teilhabe ermög­lichen. Der Betragkann ohne Probleme aus dem Stadt­teil­budget genommenwerden.

Wir denken auch an den Übungsleiter-Zuschuss für die vielen Ehren­amt­lichen im Sport. Er wurde seit Jahren nicht erhöht und macht es immer schwie­riger, Übungs­leiter zu finden. Aber uns ist bewusst, dass aktuell nicht die Zeit für Erhöhungen ist.

Deshalb beantragen wir auch, dass folgende Erhöhungen gestrichen werden:

Aktuell ist es nicht angebracht und ein völlig falsches Zeichen den Mitar­bei­tenden und der Bevöl­kerung gegenüber, vier neue Stellen für zusätz­liche Bürolei­tungen der Dezernate für 420.000 € im Jahr zu schaffen. Auch wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten, und verzichten auf die Erhöhung der Sitzungs­gelder.

Ein Stadt­teil­ma­nagement für PHV benötigen wir aktuell noch nicht, ebenso wenig eine dezen­trale Mobili­täts­be­ratung für Bewohner der Konver­si­ons­flächen.

Wir sollten auch kritisch hinter­fragen, ob wir aktuell viel Geld in die Errichtung und fortlau­fende Wartung von neuen Trink­was­ser­brunnen inves­tieren wollen, oder an die Eigen­ver­ant­wortung der mündigen Bürger appel­lieren können.

Unsere Liste umfasst noch etwas mehr und ich bin gespannt, welche Einspar­potenziale andere identi­fi­ziert haben. Wir wollen im nun folgenden Prozess gemeinsam analy­sieren, welche Einspar­po­ten­tiale zusätzlichumgesetzt werden können, um an anderer Stelle vielleicht doch mehr möglich zu machen. Aber diese Entscheidung sollten wir gemeinsam treffen und dabei stets die Auswir­kungen im Blick behalten!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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