14. April 2021 | Archiv

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Antwort von “Larissa Winter-Horn” auf einen Leser­brief in der RNZ

Leser­brief RNZ am 14.04.2021

Gemein­derat und Bürger­ent­scheide

Mündige Bürger

Die Frage ist nicht, wie Stadt­rätin Frau Winter-Horn befürchtet, „dass demnächst alle großen Entschei­dungen durch Bürger­ent­scheide gekippt werden“. Sollte dem so sein, dann ist es für die Räte angebracht zu überlegen, ob ihre großen Entschei­dungen richtig sind. Die Frage ist, für wen die von den Bürgern gewählten Räte*innen da sind? Haben sie über die mehrheit­liche Meinung der Bürger hinaus ein Recht, ihre inner­par­tei­lichen Beschlüsse als besser zu betrachten? Warum wird jetzt der Umbau der Stadt­halle mit den Hubböden weiter betrieben und nicht die Bevöl­kerung um ihre Meinung befragt? Hier kann echte Bürger­be­tei­ligung bewiesen werden.

Sehr geehrte Frau Winter-Horn, bitte begehen Sie nicht den Fehler, zu meinen, nur Sie würden sich infor­mieren, nur Sie hätten damit die besseren Argumente. Die Bürger sind auch mündig und oft sehr gut infor­miert. Beschei­denheit der Entscheider ist ein hohes demokra­ti­sches Gut. Das könnte der Gemein­derat beweisen, wenn er die gesamte Bürger­schaft etwa über die Art der Gestaltung des großen Saales entscheiden ließe. Hier, so vermute ich, scheut die Stadt­spitze die Demokratie. Diese wichtige Änderung eines sehr seltenen und vollständig erhal­tenen Raumes darf nicht hinter verschlos­senen Türen beschlossen und durch­ge­führt werden. Auch hier muss die Bevöl­kerung beteiligt werden.

Ulrich Eckert, Heidelberg

Antwort von “Larissa Winter-Horn”:

Sehr geehrter Herr Eckert,

leider haben Sie sich nicht an mich direkt gewandt. Da ich eine direkte Kommu­ni­kation bevorzuge, schreibe ich Ihnen persönlich und nicht über die RNZ:

Wir Stadträtinnen/räte haben einen Eid geleistet, uns für der Stadt Bestes einzu­setzen. Wir setzen uns teilweise über Jahre hinweg mit komplexen Themen ausein­ander und sind schließlich gezwungen, eine Entscheidung zum Wohle der Stadt zu treffen. Häufig sind diese Entschei­dungen nicht leicht zu fällen bzw. bei den Lösungen handelt es sich um Kompro­misse, die wir nach reiflicher Überlegung beschließen.

Ich bin seit 2014 Stadt­rätin und habe seitdem zwei Bürger­ent­scheide begleitet. Das Ergebnis des Bürger­ent­scheids Ochsenkopf macht gerade die Misere um den Betriebshof deutlich: Eine ungenutzte Indus­trie­brache (aktuelles Foto anbei) wurde „gerettet“, während es keinerlei Verbes­se­rungen für den Stadtteil Bergheim gibt und wahrscheinlich zusätzlich eine wertvollere Grünfläche geopfert wird. Hier bin ich mir sicher, dass der Bürger­ent­scheid nicht zum “Besseren” für die Stadt beigetragen hat.

Ob der Bürger­ent­scheid Wolfs­gärten etwas zum Besseren für die Stadt Heidelberg beitragen wird, können wir erst in ein paar Jahren beurteilen.

Ich bezweifle keines­falls, dass viele Bürger sich ebenfalls gut infor­mieren und begrüße das sehr. Aber in etlichen Gesprächen zu beiden Bürger­ent­scheiden musste ich feststellen, dass viele Bürge­rinnen und Bürger sich nicht über die komplexen Sachver­halte in Gänze infor­miert haben und sich von emotio­na­li­sierten Flugblättern u.Ä. leiten lassen.

Und da Sie mich konkret zum Thema Stadt­halle anschreiben: Ich war eine der wenigen Stadträtinnen/räte, die gegen die Stadt­hal­len­sa­nierung mit Hubböden etc. gestimmt haben. Ich war diejenige Person, die sich in besagter Sitzung des Haupt- und Finanz­aus­schusses, in der der Entschluss gefasst wurde, für den optimierten Ist-Zustand stark gemacht hat, ich habe viele kritische Fragen gestellt und bin dafür böse angegangen worden – in der Presse ist das noch nachzu­lesen. Die Fraktion Die Heidel­berger setzt sich weiterhin äußerst kritisch mit dem Thema ausein­ander: Auf unseren Antrag hin werden in der heutigen Sitzung des Haupt- und Finanz­aus­schusses Fragen zur Sanierung beant­wortet und nächste Woche findet eine Begehung statt. Ich kann Ihnen schon jetzt sagen, dass uns die Antworten der Verwaltung nicht zufrieden stellen werden und dass wir beharrlich an dem Thema dran bleiben. Und wenn wir die exorbi­tanten Kosten entlarven können, gelingt es uns vielleicht auch, eine Mehrheit im Gemein­derat davon zu überzeugen, dass derartige Eingriffe in die Stadt­halle nicht sinnvoll sind – von den ästhe­ti­schen Gesichts­punkten einmal ganz abgesehen.

Gerne stehe ich Ihnen auch für ein Gespräch zur Verfügung, falls Sie sich auf direktem Wege mit mir ausein­an­der­setzen möchten.