Unser Interview mit der Rhein-Neckar-Zeitung zur bevorstehenden Wahl 2024
von Alexander Wenisch
Die Atempause für die Heidelberger Kommunalpolitik ist kurz. Nach der Oberbürgermeisterwahl im vergangenen Herbst folgt schon die Gemeinderatswahl am 9. Juni 2024. Wie bereiten sich die Parteien und Wählerinitiativen darauf vor? Wie weit sind sie mit der Aufstellung der Listen und mit ihren Programmen? In der RNZ-Serie „Der Sommer vor der Wahl“ hat sich die Stadtredaktion bei den Kreisvorsitzenden und Vorständen umgehört. Den Treffpunkt durften die Interviewten selbst aussuchen. Heute im Gespräch: Larissa Winter-Horn, Fraktionsvorsitzende der Wahlinitiative „Die Heidelberger“. Die 42-jährige gebürtige Heidelbergerin ist Diplom-Designerin und lebt in Rohrbach.
Frau Winter-Horn, warum treffen wir uns hier, am Business-Development-Center in Kirchheim?
Weil Heidelberg für uns nicht nur die Innenstadt ist. Wir legen unseren Fokus auf die Außenstadtteile, die oft etwas aus dem Blick geraten. Wir sind hier auf einer der Konversionsflächen, die von zentraler Bedeutung sind für die Zukunft der Stadt. Hier passiert einfach enorm viel was kennzeichnend ist für das, was wir auch für ganz Heidelberg für wichtig halten: Es entsteht neuer Wohnraum, Kitas in der Nachbarschaft, hier steht die Großsporthalle und – auch ganz wichtig – Unternehmen und Start-ups siedeln sich an. Wir finden es erschreckend, wie wenig Bedeutung im Gemeinderat der lokalen Wirtschaft beigemessen wird.
Wie kommen Sie zu dem Befund?
In den zurückliegenden Haushaltsberatungen waren beispielsweise wir die einzige Fraktion, die einen Änderungsantrag eingebracht hat, der die Wirtschaft fördert. Die Politik der Mehrheit des Gemeinderats ist derzeit eher wirtschaftshemmend. Den Gewerbetreibenden werden zu oft Steine in den Weg gelegt.
Woran machen Sie das fest?
Etwa daran, dass bei Umbaumaßnahmen Lieferzonen nicht mit eingeplant werden oder, dass Flächen, die für die Wirtschaft vorgesehen sind, umgewidmet werden. Eines ist doch klar: Wirtschaft in der Stadt generiert Steuereinnahmen – Geld, dass dann erst in unser vielfältiges kulturelles, soziales Leben oder in die Vereinsarbeit investiert werden kann.
Welches wird im Wahlkampf das Top-Thema der „Heidelberger“ sein?
Neben den Themen, die hier auf der Konversionsfläche greifbar sind, steht für uns über allem die „Ermöglichungskultur“. Diese Grundeinstellung – in Verwaltung und Politik – würde allen Bürgern das Leben erleichtern. Wir erwarten, dass nicht zuerst aufgelistet wird, was alles nicht geht, sondern, dass lösungsorientiert mit den Einwohnern und Unternehmen der Stadt zusammengearbeitet wird.
Wenn man sich die Gewerbegebiete anschaut, hier direkt vor der Tür oder zum Beispiel etwas weiter „Im Bieth“ – ausgelastet sind die Flächen nicht.
Heidelberg ist begrenzt in seiner Fläche, deshalb müssen wir strategisch mit dem verfügbaren Platz umgehen. Auf unseren Antrag hin wird die Stelle eines Wirtschaftsflächenmanagers eingerichtet, der aktiv auf Unternehmen zugeht. Wir müssen stärker Einfluss darauf nehmen, dass sich qualitätvolles Gewerbe ansiedelt. Und der Gemeinderat sollte dies unterstützen und nicht zerreden.
Die „Heidelberger“ werden oft als Partei der Kirchheimer, der Landwirte und Winzer gesehen. Was halten Sie dagegen?
Dass das nicht stimmt, wir sind über alle Bereiche breit aufgestellt und in allen Stadtteilen gut vernetzt und engagiert. Wir sind nah an den Menschen dran. Und wir setzen auf eine familienfreundliche Stadt: Wir brauchen mehr Betreuungsplätze, bezahlbare Gebühren und bürokratiearme Verfahren. Genauso wie Wohnraum für Familien finanzierbar sein muss – und zwar auch für Normalverdiener, die es auf dem Heidelberger Wohnungsmarkt schwer haben, weil es nur geförderten Wohnraum oder hohe Mieten gibt. Und bei der Schulsanierung wiederum müssen wir schneller vorankommen, das spart uns längerfristig sogar Kosten. Entscheidende strukturelle Veränderungen dafür haben wir im Doppelhaushalt auf den Weg gebracht und können im Herbst starten.
Rückblickend auf die ausgehende Legislaturperiode, was waren in Ihren Augen die Erfolge der „Heidelberger“?
Wir sind die, die nicht nur Anträge stellen und andere auffordern, etwas umzusetzen. Wir sind Macher-Typen und sind uns nicht zu schade, auch mal anzupacken. Als die Kirchen angefangen haben, Kindertageseinrichtungen zu schließen, haben wir uns gekümmert und eine Fläche für einen neuen Kindergarten in Rohrbach gesucht. Oder: Bei einer Baustelle in der Akademiestraße waren Geschäfte nicht mehr erreichbar. Da haben wir uns eingesetzt für die Gewerbetreibenden, damit die Verkehrsführung verbessert wird. Im Moment bringen wir uns dafür ein, dass die ehemalige Disco „Nachtschicht“ in Bergheim wieder für Jugendliche geöffnet wird.
Im Moment haben Sie drei Sitze im Gemeinderat. Was wollen Sie tun, damit es mehr werden?
Der Gemeinderat ist im Moment von vielen moralisierenden Ideologen bestimmt. Dagegen wollen wir antreten mit gesundem Menschenverstand – und bekommen dafür aktuell auch sehr viel Zuspruch von Bürgern, die verdrossen sind und mit den üblichen Parteien nichts mehr anfangen können. Wir sind guter Dinge, dass wir viert-stärkste Kraft im Gemeinderat bleiben und an Sitzen zulegen können.
In Ihrem Wahlprogramm von 2019 steht: Schnellstmögliche Anbindung des Neuenheimer Feldes an die Autobahn. Wollen Sie weiterhin die „Fünfte Neckarquerung“?
Das ist weiterhin unser Ziel, ja.
Was halten Sie von der jüngsten Idee, eine Seilbahn ins Feld zu bauen?
Die Idee unterstützen wir, weil jede Anbindung des Neuenheimer Feldes nach Westen über den Neckar wichtig ist, um die Situation zu entlasten. Es wird oft gar nicht gesehen, welche Verkehrsbelastung die umliegenden Stadtteile haben. Beim Thema Verkehr sind wir mit der Entwicklung höchst unzufrieden.
Warum?
Es ist viel zu wenig passiert. 2019 haben wir ein schlüssiges Fahrradwege-Konzept gefordert, das ist noch immer nicht realisiert. Stattdessen nur Stückwerk. Der ÖPNV-Ausbau stagniert, das tolle, günstige Bus-Ticket wurde jetzt wieder teurer gemacht und die Außenstadtteile sind zu schlecht angebunden. Gut wären auch Pendlerbusse ins Umland. Ebenfalls bereits 2019 im Programm hatten wir das Thema Quartiersgaragen: Wenn Parkplätze in größerem Stil weggenommen werden, muss eine Alternative angeboten werden. Während wir zu Beginn für diese Forderung belächelt wurden, sind mittlerweile auch andere auf den Zug aufgesprungen. Wir hoffen, dass das Thema auch ernsthaft umgesetzt wird. Oder schauen Sie hier vor die Tür: Da steht das Parkhaus neben der Großsporthalle direkt an der Speyerer Straße. Das könnte als erste große Park-and-Ride-Station dienen, wird so aber gar nicht beworben. Hier bräuchten wir ein Kombi-Ticket „Parken und ÖPNV“. Andere Kommunen kriegen das doch auch hin!
Hier der RNZ Bericht zum lesen: