Im Frühjahr 2020 wurde der Gemeinderat darüber informiert, dass die Plöck auch in den Abschnitten zwischen Sofienstraße und Friedrich-Ebert-Platz, sowie zwischen Sandgasse und Grabengasse als Fahrradstraße ausgewiesen wird. Über drei Jahre später müssen wir feststellen, dass die Ausweisung weiterer Teile der Plöck in eine Fahrradstraße durch Beschilderung und Markierung noch gar nicht umgesetzt wurde, was zu Verwirrungen bei den Verkehrsteilnehmern führt, weil sie nicht wissen, wie sie sich zu verhalten haben bzw. wer nun im Recht ist. Das haben wir zum Anlass genommen, der Verwaltung die nachfolgenden Fragen zu stellen, die interessante Antworten zu Tage gebracht haben.
Hintergrundinformationen:
Ende 2019/Anfang 2020 wurde in der parallel verlaufenden Friedrich-Ebert-Anlage für eine hohe Summe ein Radweg eingerichtet. Wir waren eigentlich davon ausgegangen, dass dieser auch dazu beitragen soll, mehr Radfahrer auf die Friedrich-Ebert-Anlage zu leiten, um die Aufenthaltsqualität und Verkehrssicherheit der Fußgänger in der Plöck zu verbessern. Insofern war es für uns verwunderlich, dass kurz darauf den Radfahrenden in der Plöck noch mehr Rechte eingeräumt werden sollen, während die Fußgänger dabei wenig berücksichtigt werden: Aufgrund von fehlenden beziehungsweise zu schmalen Gehwegen müssen Fußgänger zum Teil zwangsläufig auf die Straße ausweichen. Und für Fußgänger mit Mobilitätseinschränkung (Kinderwagen, Rollstuhl, Behinderung) ist die Plöck nur schwer passierbar.
Durch die Umwandlung weiterer Bereiche der Plöck in eine Fahrradstraße wird die dortige Situation, vor allem in Bezug auf die Fußgänger, nicht verbessert. Im Zuge der Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer wären Vorschläge zur Verbesserung der Situation für Fußgänger in der Plöck sinnvoller. Hinzu kommen Probleme wie die Fußgängerzone auf Höhe des Hölderlin Gymnasiums, die von Radfahrern nicht als solche wahrgenommen wird oder dass die geltende Geschwindigkeitsbegrenzung von 15 Kilometern pro Stunde – für alle Verkehrsteilnehmer – von vielen Radfahrern nicht eingehalten wird.
Wir haben deshalb 2020 den Antrag gestellt, davon abzusehen, weitere Bereiche der Plöck als Fahrradstraßen auszuweisen, bevor nicht ein Gesamtkonzept für die Plöck erarbeitet ist, das alle Verkehrsteilnehmer sowie die ansässigen Geschäfte mit einbezieht. Der Antrag fand zwar einige Zustimmung, aber für eine Mehrheit hat es nicht gereicht.
Hier die konkreten Fragen an und die Antworten der Stadtverwaltung:
- Wann wird die Beschilderung und Markierung ausgeführt?
Die Anordnung einer Fahrradstraße kommt nur auf Straßen mit einer hohen oder zu erwartenden hohen Fahrradverkehrsdichte, einer hohen Netzbedeutung für den Radverkehr oder auf Straßen von lediglich untergeordneter Bedeutung für den Kraftfahrzeugverkehr in Betracht. Aus den vorliegenden Verkehrszahlen kann eine hohe Netzbedeutung für den Radverkehr festgestellt werden.
In dem genannten Abschnitt sind jedoch zahlreiche Einrichtungen sowie Läden, die eine Erschließungs- und Lieferungsmöglichkeit über die Plöck haben. Hinzu kommt, dass das größte Parkhaus in der Altstadt über die Plöck erschlossen ist. Der genannte Abschnitt der Plöck spielt aufgrund von hoher Frequenz des Parkwechsels (Kurzzeitparken) sowie Gewährleistung des Erschließungsrechts zu einer nicht unbedeutenden Rolle für den Kraftfahrzeugverkehr der Altstadt.
Die Einrichtung einer Fahrradstraße zielt – im Sinne einer gefahrenabwehrbezogenen Verkehrssteuerungsfunktion – auf eine Verschiebung der Verkehrslasten durch eine Bündelungswirkung für Radfahrende und einer Verdrängungswirkung für Kraftfahrzeuge ab. Durch die Anordnung wäre das Ziel der Einrichtung einer Fahrradstraße nicht erreicht.
Andere Verkehrsarten dürfen nur ausnahmsweise durch explizite Anordnung mit Zusatzzeichen zugelassen werden. Ein Nebeneinanderfahren mit dem Fahrrad, wie es gesetzlich bei Fahrradstraßen eigentlich vorgesehen ist, wäre nicht möglich, wenn Radfahrende ständig Kraftfahrzeuge entgegenkommen.
Eine Änderung der Verkehrssituation in dem besagten Abschnitt ist aus Sicht der Stadtverwaltung notwendig. Vor allem sollte bei der Überlegung dem Fußverkehr als besonders schutzbedürftige Verkehrsart adäquater Raum zugeordnet werden. Die Plöck ist viel mehr als eine Transitstrecke für den Verkehr und soll als urbaner Straßenraum über ausreichend Bewegungs- und Aufenthaltsfläche für den Fußverkehr, Barrierefreiheit für die mobilitätseingeschränkten Personen. Die Gebäude haben Funktionen in den Erdgeschoßzonen, die in den öffentlichen Raum hineinwirken mit Ladengeschäften, Gastronomie, Dienstleistern usw. und für Belebung sorgen.
Aus den oben genannten Gründen wird die Einrichtung einer Fahrradstraße im Abschnitt der Plöck zwischen Sofienstraße und Friedrich-Ebert-Anlage nicht weiterverfolgt. Eine funktionssichernde Neuaufteilung der Plöck wäre gewinnbringende Lösung für alle Verkehrsarte und für die Menschen, die sich dort aufhalten. Hierbei könnte die gestalterische Aufwertung der Straße mit Verkehrsberuhigung eine geeignete Mittel zum Ziel sein.
- Wie kann die Wahrnehmung der Fußgängerzone auf Höhe des Hölderlin-Gymnasiums, die die Fahrradstraße unterbricht, verbessert werden?
Die Führung einer Fahrradhauptachse durch eine Fußgängerzone ist verkehrsplanerisch nicht zielführend und führt häufig zu Konflikten. Durch Gewährleistung einer (besseren) alternativen Führung für den Radverkehr kann eine Entlastung erzielt werden. Deshalb wird die Planung der Radfahrstreifen in der Friedrich-Ebert-Anlage zwischen Schießtorstraße und Friedrich-Ebert-Anlage zeitnah umgesetzt. Somit hat der Radverkehr in einer Fahrtrichtung eine schnellere Führung. Im Rahmen der derzeit laufenden Radstrategie werden weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssituation in der Plöck sowie der Altstadt entwickelt.
- Sind geschwindigkeitsreduzierende Maßnahmen geplant? Wenn ja, wann?
In der Plöck herrscht momentan Tempo 15-Streckenregelung, welche grundsätzlich durch die Anordnung der Fahrradstraße in Teilen der Straße bereits aufgehoben worden ist.
Für den Teilabschnitt zwischen Sofienstraße und Friedrich-Ebert-Platz sind momentan keine Beruhigungsmaßnahmen geplant. Eine Prüfung der Situation wird im Zusammenhang der Rechtsgültigkeit einer Tempo 15-Streckenregelung durchgeführt, da solche Streckenregelungen weder in der Straßenverkehrsordnung noch im amtlichen Verkehrszeichenkatalog vorhanden sind.
- Werden Geschwindigkeitsmessungen vorgenommen? Wenn ja, wann?
Hier wird die Thematik des fließenden Verkehrs angesprochen. Im Rahmen der Überwachung des fließenden Verkehrs ist die Stadt Heidelberg lediglich per Verfügung berechtigt, Geschwindigkeitskontrollen durchzuführen; andere Überwachungen des fließenden Verkehrs obliegen jedoch der Verkehrspolizei. Der Gemeindevollzugsdienst (GVD) kann in der Plöck aufgrund des Straßenquerschnittes keine Geschwindigkeitsmessungen durchführen
Die Antworten sind für uns überraschend, aber nicht verwunderlich. Die Verwaltung argumentiert nun mit denselben Argumenten, die wir vor drei Jahren verwendet haben, um davon zu überzeugen, dass es unter Berücksichtigung aller Verkehrsteilnehmer nicht sinnvoll ist, weitere Bereiche der Plöck als Fahrradstraße auszuweisen. Insofern freuen wir uns über diese „späte“ Einsicht. Interessant ist natürlich, dass die Plöck im Rahmen der Machbarkeitsstudie zur Einrichtung von Fahrradstraßen in Heidelberg durch das Ingenieurbüro VAR empfohlenen wurde. Es ist jedoch nicht korrekt, dass es einen breiten Konsens hinsichtlich der Umsetzung gegeben hat. Nur etwas mehr als die Hälfte der Anwesenden war dafür. Wir und auch andere wie z.B. CDU und FDP haben das damals schon kritisch gesehen, während in der damaligen Informationsvorlage tatsächlich aufgeführt war, dass es keine kritische Abwägung oder Zielkonflikte gäbe. Das zeigt uns einmal wieder: Manchmal kann man mit gesundem Menschenverstand, guter Ortskenntnis und einem Blick für das große Ganze – in diesem Falle alle Verkehrsteilnehmer – sinnvollere Entscheidungen treffen als die vermeintlichen Experten!
RNZ Bericht 10.01.2024 https://www.rnz.de/region/heidelberg_artikel,-Heidelberg-Wird-die-Ploeck-Fussgaengerzone-statt-Fahrradstrasse-_arid,1259489.html