21. Dezember 2023 | Aktuelles, Verkehr

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Fahrrad­straße Plöck

Im Frühjahr 2020 wurde der Gemein­derat darüber infor­miert, dass die Plöck auch in den Abschnitten zwischen Sofien­straße und Friedrich-Ebert-Platz, sowie zwischen Sandgasse und Graben­gasse als Fahrrad­straße ausge­wiesen wird. Über drei Jahre später müssen wir feststellen, dass die Ausweisung weiterer Teile der Plöck in eine Fahrrad­straße durch Beschil­derung und Markierung noch gar nicht umgesetzt wurde, was zu Verwir­rungen bei den Verkehrs­teil­nehmern führt, weil sie nicht wissen, wie sie sich zu verhalten haben bzw. wer nun im Recht ist. Das haben wir zum Anlass genommen, der Verwaltung die nachfol­genden Fragen zu stellen, die inter­es­sante Antworten zu Tage gebracht haben.

Hinter­grund­in­for­ma­tionen:

Ende 2019/Anfang 2020 wurde in der parallel verlau­fenden Friedrich-Ebert-Anlage für eine hohe Summe ein Radweg einge­richtet. Wir waren eigentlich davon ausge­gangen, dass dieser auch dazu beitragen soll, mehr Radfahrer auf die Friedrich-Ebert-Anlage zu leiten, um die Aufent­halts­qua­lität und Verkehrs­si­cherheit der Fußgänger in der Plöck zu verbessern. Insofern war es für uns verwun­derlich, dass kurz darauf den Radfah­renden in der Plöck noch mehr Rechte einge­räumt werden sollen, während die Fußgänger dabei wenig berück­sichtigt werden: Aufgrund von fehlenden bezie­hungs­weise zu schmalen Gehwegen müssen Fußgänger zum Teil zwangs­läufig auf die Straße ausweichen. Und für Fußgänger mit Mobili­täts­ein­schränkung (Kinder­wagen, Rollstuhl, Behin­derung) ist die Plöck nur schwer passierbar.

Durch die Umwandlung weiterer Bereiche der Plöck in eine Fahrrad­straße wird die dortige Situation, vor allem in Bezug auf die Fußgänger, nicht verbessert. Im Zuge der Gleich­be­rech­tigung aller Verkehrs­teil­nehmer wären Vorschläge zur Verbes­serung der Situation für Fußgänger in der Plöck sinnvoller. Hinzu kommen Probleme wie die Fußgän­gerzone auf Höhe des Hölderlin Gymna­siums, die von Radfahrern nicht als solche wahrge­nommen wird oder dass die geltende Geschwin­dig­keits­be­grenzung von 15 Kilometern pro Stunde – für alle Verkehrs­teil­nehmer – von vielen Radfahrern nicht einge­halten wird.

Wir haben deshalb 2020 den Antrag gestellt, davon abzusehen, weitere Bereiche der Plöck als Fahrrad­straßen auszu­weisen, bevor nicht ein Gesamt­konzept für die Plöck erarbeitet ist, das alle Verkehrs­teil­nehmer sowie die ansäs­sigen Geschäfte mit einbe­zieht. Der Antrag fand zwar einige Zustimmung, aber für eine Mehrheit hat es nicht gereicht.

Hier die konkreten Fragen an und die Antworten der Stadt­ver­waltung:

  1. Wann wird die Beschil­derung und Markierung ausge­führt?

Die Anordnung einer Fahrrad­straße kommt nur auf Straßen mit einer hohen oder zu erwar­tenden hohen Fahrrad­ver­kehrs­dichte, einer hohen Netzbe­deutung für den Radverkehr oder auf Straßen von lediglich unter­ge­ord­neter Bedeutung für den Kraft­fahr­zeug­verkehr in Betracht. Aus den vorlie­genden Verkehrs­zahlen kann eine hohe Netzbe­deutung für den Radverkehr festge­stellt werden.

In dem genannten Abschnitt sind jedoch zahlreiche Einrich­tungen sowie Läden, die eine Erschlie­ßungs- und Liefe­rungs­mög­lichkeit über die Plöck haben. Hinzu kommt, dass das größte Parkhaus in der Altstadt über die Plöck erschlossen ist. Der genannte Abschnitt der Plöck spielt aufgrund von hoher Frequenz des Parkwechsels (Kurzzeit­parken) sowie Gewähr­leistung des Erschlie­ßungs­rechts zu einer nicht unbedeu­tenden Rolle für den Kraft­fahr­zeug­verkehr der Altstadt.

Die Einrichtung einer Fahrrad­straße zielt – im Sinne einer gefah­ren­ab­wehr­be­zo­genen Verkehrs­steue­rungs­funktion – auf eine Verschiebung der Verkehrs­lasten durch eine Bünde­lungs­wirkung für Radfah­rende und einer Verdrän­gungs­wirkung für Kraft­fahr­zeuge ab. Durch die Anordnung wäre das Ziel der Einrichtung einer Fahrrad­straße nicht erreicht.

Andere Verkehrs­arten dürfen nur ausnahms­weise durch explizite Anordnung mit Zusatz­zeichen zugelassen werden. Ein Neben­ein­an­der­fahren mit dem Fahrrad, wie es gesetzlich bei Fahrrad­straßen eigentlich vorge­sehen ist, wäre nicht möglich, wenn Radfah­rende ständig Kraft­fahr­zeuge entge­gen­kommen.

Eine Änderung der Verkehrs­si­tuation in dem besagten Abschnitt ist aus Sicht der Stadt­ver­waltung notwendig. Vor allem sollte bei der Überlegung dem Fußverkehr als besonders schutz­be­dürftige Verkehrsart adäquater Raum zugeordnet werden. Die Plöck ist viel mehr als eine Transit­strecke für den Verkehr und soll als urbaner Straßenraum über ausrei­chend Bewegungs- und Aufent­halts­fläche für den Fußverkehr, Barrie­re­freiheit für die mobili­täts­ein­ge­schränkten Personen. Die Gebäude haben Funktionen in den Erdge­schoß­zonen, die in den öffent­lichen Raum hinein­wirken mit Laden­ge­schäften, Gastro­nomie, Dienst­leistern usw. und für Belebung sorgen.

Aus den oben genannten Gründen wird die Einrichtung einer Fahrrad­straße im Abschnitt der Plöck zwischen Sofien­straße und Friedrich-Ebert-Anlage nicht weiter­ver­folgt. Eine funkti­ons­si­chernde Neuauf­teilung der Plöck wäre gewinn­brin­gende Lösung für alle Verkehrsarte und für die Menschen, die sich dort aufhalten. Hierbei könnte die gestal­te­rische Aufwertung der Straße mit Verkehrs­be­ru­higung eine geeignete Mittel zum Ziel sein.

  1. Wie kann die Wahrnehmung der Fußgän­gerzone auf Höhe des Hölderlin-Gymna­siums, die die Fahrrad­straße unter­bricht, verbessert werden?

Die Führung einer Fahrrad­haupt­achse durch eine Fußgän­gerzone ist verkehrs­pla­ne­risch nicht zielführend und führt häufig zu Konflikten. Durch Gewähr­leistung einer (besseren) alter­na­tiven Führung für den Radverkehr kann eine Entlastung erzielt werden. Deshalb wird die Planung der Radfahr­streifen in der Friedrich-Ebert-Anlage zwischen Schieß­tor­straße und Friedrich-Ebert-Anlage zeitnah umgesetzt. Somit hat der Radverkehr in einer Fahrt­richtung eine schnellere Führung. Im Rahmen der derzeit laufenden Radstra­tegie werden weitere Maßnahmen zur Verbes­serung der Verkehrs­si­tuation in der Plöck sowie der Altstadt entwi­ckelt.

  1. Sind geschwin­dig­keits­re­du­zie­rende Maßnahmen geplant? Wenn ja, wann?

In der Plöck herrscht momentan Tempo 15-Strecken­re­gelung, welche grund­sätzlich durch die Anordnung der Fahrrad­straße in Teilen der Straße bereits aufge­hoben worden ist.

Für den Teilab­schnitt zwischen Sofien­straße und Friedrich-Ebert-Platz sind momentan keine Beruhi­gungs­maß­nahmen geplant. Eine Prüfung der Situation wird im Zusam­menhang der Rechts­gül­tigkeit einer Tempo 15-Strecken­re­gelung durch­ge­führt, da solche Strecken­re­ge­lungen weder in der Straßen­ver­kehrs­ordnung noch im amtlichen Verkehrs­zei­chen­ka­talog vorhanden sind.

  1. Werden Geschwin­dig­keits­mes­sungen vorge­nommen? Wenn ja, wann?

Hier wird die Thematik des fließenden Verkehrs angesprochen. Im Rahmen der Überwa­chung des fließenden Verkehrs ist die Stadt Heidelberg lediglich per Verfügung berechtigt, Geschwin­dig­keits­kon­trollen durch­zu­führen; andere Überwa­chungen des fließenden Verkehrs obliegen jedoch der Verkehrs­po­lizei. Der Gemein­de­voll­zugs­dienst (GVD) kann in der Plöck aufgrund des Straßen­quer­schnittes keine Geschwin­dig­keits­mes­sungen durch­führen

Die Antworten sind für uns überra­schend, aber nicht verwun­derlich. Die Verwaltung argumen­tiert nun mit denselben Argumenten, die wir vor drei Jahren verwendet haben, um davon zu überzeugen, dass es unter Berück­sich­tigung aller Verkehrs­teil­nehmer nicht sinnvoll ist, weitere Bereiche der Plöck als Fahrrad­straße auszu­weisen. Insofern freuen wir uns über diese „späte“ Einsicht. Inter­essant ist natürlich, dass die Plöck im Rahmen der Machbar­keits­studie zur Einrichtung von Fahrrad­straßen in Heidelberg durch das Ingenieurbüro VAR empfoh­lenen wurde. Es ist jedoch nicht korrekt, dass es einen breiten Konsens hinsichtlich der Umsetzung gegeben hat. Nur etwas mehr als die Hälfte der Anwesenden war dafür. Wir und auch andere wie z.B. CDU und FDP haben das damals schon kritisch gesehen, während in der damaligen Infor­ma­ti­ons­vorlage tatsächlich aufge­führt war, dass es keine kritische Abwägung oder Zielkon­flikte gäbe. Das zeigt uns einmal wieder: Manchmal kann man mit gesundem Menschen­ver­stand, guter Ortskenntnis und einem Blick für das große Ganze – in diesem Falle alle Verkehrs­teil­nehmer – sinnvollere Entschei­dungen treffen als die vermeint­lichen Experten!

RNZ Bericht 10.01.2024 https://www.rnz.de/region/heidelberg_artikel,-Heidelberg-Wird-die-Ploeck-Fussgaengerzone-statt-Fahrradstrasse-_arid,1259489.html