6. Juni 2022 | Archiv

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Fauler Pelz: Minister Lucha hat von Auswärts-Sieg geträumt , aber dazu wäre „fair play“ nötig gewesen

Baden-Württem­bergs Sozial­mi­nister Manfred Lucha war zu Gast bei der Gemein­de­rats­sitzung in Heidelberg am 2. Juni 2022, um für seine Pläne zu werben, das ehemalige Gefängnis „Fauler Pelz“ in der Heidel­berger Altstadt als Interims­lösung für den Maßre­gel­vollzug zu nutzen. Er stieg ein mit Sinnbildern aus dem Sport, dass er sich dessen bewusst sei, dass dies kein Heimspiel wäre, aber dass „Auswärts-Siege“ die schönsten seien. Um im Sport-Jargon zu bleiben: wir hätten uns vom Sozial­mi­nister „fair play“ gewünscht. Wir bedauern sehr, dass Lucha die Presse vor dem Oberbür­ger­meister, der Verwaltung und dem Gemein­derat über seine Pläne infor­miert hat. Und ebenso wenig können wir es gutheißen, dass das Land sich über bestehendes Baurecht hinweg­setzen will u.a..

Grund­sätzlich haben wir Verständnis für die Notlage, aber der Engpass beim Maßre­gel­vollzug ist seit Jahren absehbar und das Land hat dies sehenden Auges in Kauf genommen: Aktuell sind in Baden-Württemberg 1300 Personen im Maßre­gel­vollzug, Planbetten gibt es nur ca. 1.000, 120 Personen warten aktuell auf einen Thera­pie­platz. 2020 und 2021 mussten über 30 Personen in Freiheit entlassen werden. Das Defizit bei Plätzen im Maßre­gel­vollzug wird auch 2025 noch bestehen,

die aktuellen Ausbau­pläne reichen nicht: 100 Plätzen stehen schon heute 120 wartende Personen gegenüber und ein sinkender Bedarf zeichnet sich nicht ab. Deshalb ist die Wahrschein­lichkeit sehr hoch, dass die Plätze im Faulen Pelz auch nach 2025 gebraucht würden – erst recht nach einem Invest von mehr als 11 Mio Euro.

Wir befürchten, dass die Landes­re­gierung hier genauso unehrlich ist wie beim Thema Ankunfts­zentrum. Bei diesem Thema haben wir 2015 einem Notquartier für Geflüchtete für einen Winter zugestimmt – und der Rest ist Geschichte. Diesen Vertrau­ens­bruch konnte Minister Lucha nicht wieder gut machen, im Gegenteil: Er betonte, dass er an einer einver­nehm­lichen Lösung inter­es­siert sei, drohte jedoch im selben Satz mit Konse­quenzen, wenn der Gemein­derat nicht zustimmen würde. Ein Entge­gen­kommen blieb aus. Nachfragen zu alter­na­tiven Stand­orten wurden mit Wider­sprüchen beant­wortet.

All dies hat dazu geführt, dass der Gemein­derat den Plänen des Sozial­mi­nisters abermals nicht zugestimmt hat bzw. einstimmig entschieden hat, einen entspre­chenden Bauantrag für ein Jahr zurück­zu­stellen. Wir dürfen gespannt sein, wie es weitergeht!